"Doch Heidegger argumentiert: Der Mensch gibt sich in dieser Loslösung erst eigentlich frei für eine mögliche Bindung. So ist auch Heideggers Rede vom ‚grundsätzlichen Atheismus‘[1] zu verstehen, der als eine Art philosophische Vorbereitung des religiösen Glaubens dienen kann[2]. Im Moment der Loslösung distanziert man sich von den Wertsetzungen der Anderen, zu denen man die meiste Zeit selbst gehört[3], nicht um sich auf sich allein gestellt zum Machthaber über das Seiende zu erklären, sondern um sich freizugeben für die Ansprüche und die damit einhergehende Verantwortung, die man gegenüber den anderen und sich selbst hat. Methodische Vereinzelung schließt soziales Engagement nicht aus. In dem methodischen Zwischenschritt der Vereinzelung, den Heidegger auch als ‚existenzialen (nicht existenziellen) Solipsismus‘[4] bezeichnet, erfährt sich der Einzelne in seiner Ohnmacht über den Grund seines Seins: über diesen nie mächtig zu sein und auch nie werden zu können[5]. Das ist die spezifische Nichtheit, die Endlichkeit des Einzelnen, die dem moralisch Guten und Bösen zugrunde liegt. Sie gibt die Entscheidung für das Eine oder Andere nicht inhaltlich-normativ vor, sondern öffnet den Horizont, in denen die Grundentscheidungen[6] getroffen werden müssen und – " 

Kraatz, K.: "Das Verhältnis von Sein und Sollen als das Problem des Bösen bei Susan Neiman und Martin Heidegger",
in: Das Böse erzählen. E. Brock/A. Honnacker (Hrsgg). Münster: Lit Verlag 2017.


 

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